Am vergangenen Sonntag schrieb die FAZ, dass Einfamilienhäuser immer teurer werden. Galt dies bislang vorwiegend für Eigentumswohnungen, stiegen demnach Einfamilienhäuser in den vergangenen 12 Monaten um 4,2%. Was immerhin ein gutes Stück mehr ist als der Preisanstieg von 3,1% im Vorjahr 2015.
Als Ursachen werden in dem Artikel die Niedrigzinspolitik, ein Mangel an Grundstücken und die starke Immobilennachfrage genannt.
Inhaltsverzeichnis
Sind das wirklich die Ursachen?
Und an dieser Stelle muss meiner Meinung nach etwas genauer hingeschaut werden. Während ich das aktuelle Niedrigzinsniveau klar als Ursache akzeptiere und in der Vergangenheit auch schon hier im Blog als solche ausgemacht habe, tue ich mich mit den anderen beiden Ursachen etwas schwerer. Zu pauschal herbeizitiert, erscheinen sie mir auf den ersten Blick.
Ich sehe keinen Mangel an Grundstücken
Nehmen wir nur mal den genannten Mangel an Grundstücken: Wer einmal eine Zeit lang in den Neuen Bundesländern gelebt hat oder sich in stark ländlich geprägten Regionen Deutschlands umgeschaut hat oder einfach nur mal mit dem Flugzeug über Deutschland geflogen ist, wird feststellen:
Es gibt immer noch reichlich Grundstücke.
Ich darf von mir behaupten, dass alle drei der genannten Faktoren auf mich zutreffen und ich kann demnach aus erster Hand berichten:
Deutschland ist zwar eng besiedelt, aber keineswegs so eng, dass man von einem pauschalen Mangel an Grundstücken sprechen könnte.
Zumal die Entwicklungen in der Landwirtschaft auch nicht unbedingt den Eindruck erwecken, als sei die weitere Umwandlung von landwirtschaftlichem Boden in Wohn- und Gewerbegebiete allzu abwegig.
Stichwort: Urbanisierung
Nein, der Faktor, der in der Ursachenforschung des oben zitierten Artikels unberücksichtigt bleibt, ist der Faktor Urbanisierung. Also die weiter zunehmende Verstädterung der Menschen, die auch in Deutschland eine signifikante Rolle spielt.
Die Ursachen hierfür lagen traditionell bereits in dem oben erwähnten langsamen Niedergang der nationalen Landwirtschaft und dem damit verbundenen Verlust von Arbeitsplätzen auf dem Land.
Zusätzlich kommen hier auch noch das geringere Angebot an Leistungen und Strukturen im ländlichen Raum dazu. Das fängt bei ausgefalleneren Lebensmitteln an und hört bei Kino und Kultur noch nicht auf. Wer einmal einen bestimmten Facharzt auf dem Land gesucht hat, weiß, wovon ich spreche.
günstige Immobilien auf dem Land
Wir haben also in Deutschland keinen Mangel an Grundstücken, sondern einen Mangel an Grundstücken in strukturstarken Regionen bzw. einfach in den Ballungszentren.
Das zeigt sich im Kaufpreis, der für Immobilien in sehr ländlich geprägten Regionen zu bezahlen ist und der oftmals nur einen Bruchteil des Preises für vergleichbare und vergleichbar ausgestattete Immobilien in Ballungszentren ausmacht.
Selbst eventuelle Renovierungs- oder Sanierungskosten sind in ländlichen Regionen oftmals deutlich günstiger, da die Auftragsbücher regionaler Handwerker selten so gut gefüllt sind wie in den Städten.
Die Frage ist nur, ob es überhaupt Handwerker in der jeweiligen Region gibt. 🙂
weniger Wertschwankungen bei Einfamilienhäusern
Weiterhin wird in dem oben zitierten Artikel der FAZ das Einfamilienhaus als „Hort der Stabilität“ bezeichnet, da es in der Vergangenheit deutlich weniger Wertschwankungen unterlag als Eigentumswohnungen.
Das erscheint mir absolut einleuchtend und auch meiner persönlichen Einschätzung entsprechend.
aber als Kapitalanlage nicht empfehlenswert
Denn in den allermeisten Fällen rate ich in persönlichen Gesprächen von Einfamilienhäusern als Kapitalanlage ab.
Meine Begründung hierfür fußt auf dem höheren Anschaffungspreis und dem höheren Einzelrisiko.
Denn wer einen höheren Kaufpreis bezahlen muss, muss im Zweifel auch mehr Eigenkapital einsetzen.
Und wer ein einzelnes großes Anlagegut für den Preis von 2 bis 4 kleineren Anlagegütern kauft, hat ein größeres „Klumpenrisiko“ in seinem Gesamtportfolio.
Einfach und einleuchtend, oder?
Preisauftrieb bei Häusern wird sich in Grenzen halten
Diese Ansicht scheint die Mehrzahl der Kapitalanleger zu teilen, denn andernfalls wären die Preise auch deutlich volatiler.
Wenn aber, wie ich vermute, mehr Eigennutzer Einfamilienhäuser kaufen als Investoren, unterliegen Einfamilienhäuser auch geringeren Wertschwankungen.
Meiner persönlichen Wahrnehmung nach, ist der Anteil vermieteter EFH an allen EFH deutlich geringer als der Anteil vermieteter ETW an allen ETW.
Ob mit dem neuerlichen Preisanstieg jetzt auch ein Trendwechsel zu mehr Investitionen in Einfamilienhäuser einhergeht, wage ich mal zu bezweifeln. Spätestens wenn das Preisniveau (relativ) ausgeglichen ist, sollte sich der Auftrieb bei den Preisen für Einfamilienhäuser nach meiner Einschätzung wieder beruhigen.
Einfamilienhäuser auch als selbst genutzte Immobilie nur bedingt empfehlenswert
Aber auch Eigennutzer sollten sich die Anschaffung eines Einfamilienhauses im Vergleich zu einer Eigentumswohnung genau überlegen.
Auch das selbst genutzte Eigenheim schneidet deutlich schlechter ab als die selbst genutzte Eigentumswohnung.
Der Grund hierfür liegt in einem massiven Kostensprung; gerade für bisherige Mieter einer Wohnung.
Im Vergleich zur bisher gemieteten Wohnung, steigt die Wohnfläche in einem neuen Einfamilienhaus in der Regel deutlich an. Dieser deutliche Anstieg der Wohnfläche allein geht schon mit einem drastischen Kostenanstieg aufgrund der neuen Darlehensrate im Vergleich zur bisherigen Miete einher.
Während ich also mit den Käufern einer ETW in der aktuellen Niedrigzinsphase nach Immobilien und Finanzierungskonstellationen schaue, in denen die zukünftige Darlehensrate die bisherige Miete nicht oder nur unwesentlich übersteigt, ist solch eine Suche bei Häuslebauern aussichtslos.
Zu groß ist der Anstieg der zu finanzierenden Wohnfläche.
Und dazu kommen natürlich noch die deutlich gestiegenen Nebenkosten. Einerseits wiederum durch die größere Wohnfläche. Andererseits aber auch durch die nun teilweise allein zu schulternden Kosten für Anschlüsse etc.
Diese Zusammenhänge habe ich bereits in einem meiner vergangenen Artikel dargestellt.
Fazit
Mittlerweile steigen also auch die Preise für Einfamilienhäuser deutlich an. Ein Trend der absehbar war.
Die Ursache hierfür liegt meiner Meinung nach aber nicht in einem pauschalen Mangel an Grundstücken, sondern in einem Mangel an Grundstücken in strukturstarken Regionen. Wer bereit ist, auf Nähe zu Ballungszentren zu verzichten, wird in Deutschland immer noch günstige Immobilien finden.
Dass Einfamilienhäuser bisher deutlich geringeren Wertschwankungen unterlagen als Eigentumswohnungen, liegt meines Erachtens an dem geringeren Interesse von Investoren. Eigentumswohnungen sind für Kapitalanleger interessanter als Einfamilienhäuser.
Auch für Selbstnutzer sind Eigentumswohnungen interessanter als Einfamilienhäuser, da der Kostensprung von der gemieteten zur eigenen Immobilie deutlich geringer ausfällt.
Hi, ich bin Oliver, der Gründer von Jodano - Wissen & Meinung zu Finanzen. Bevor ich mich als Blogger selbstständig gemacht habe, habe ich fast 20 Jahre in der Bankenbranche mein Unwesen getrieben. Die Erfahrungen, die ich dort in Anlageberatung, Private Banking und Corporate Finance gesammelt habe, lasse ich heute in meinen Blog einfließen.