Warum es so schwer ist, aus dem Dispo zu kommen

„Rein rechnerisch habe ich jeden Monat etwas übrig, am Ende ist mein Konto dann aber noch weiter im Minus.“

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Diesen oder ähnliche Sätze höre ich immer wieder. Aber woran liegt das? Oftmals ist es doch wirklich so, dass ein rechnerischer Überschuss besteht, das Konto dann aber doch Monat für Monat weiter in die roten Zahlen rutscht.

Nach meiner Erfahrung sind die Ursachen hierfür zahlreiche:

1. keine richtige Einnahmen-Ausgaben-Rechnung

Wie Seneca schon gesagt hat: „Wer den Hafen nicht kennt, für den ist kein Wind der richtige.“

Viele Menschen, mit denen ich spreche, glauben zwar, sie wüssten, welche Einnahmen und Ausgaben sie haben. Sie kommen aber schnell ins Schwanken, wenn man ihnen Detailfragen zu ihren monatlichen Ausgaben stellt.
In der Regel stellt sich dann heraus, dass eigentlich nur eine überschlägige Einnahmen-Ausgaben-Rechnung (oftmals nur im Kopf!) gemacht wurde und hierbei wesentliche Ausgaben schlichtweg vergessen wurden.

a) Zinsen, Kontoführungsgebühren und Vorsteuer

Hierzu zählen in der Regel die Zinsen und Kontoführungsgebühren für das Girokonto und den Dispositionskredit oder auch die regelmäßige Vorsteuer im Falle von Geschäftskunden.
Diese Beträge erscheinen klein und für das alltägliche Ausgabeverhalten unwesentlich, wiegen aber schwer, wenn sie vergessen wurden.

Und gerade die Zinsen können bei einem Dispositionskredit – im Vergleich zum Zinssatz eines Privatkredites – ganz schön zu Buche schlagen.

b) nicht-monatliche Ausgaben

Zusätzlich werden die meisten Einnahmen-Ausgaben-Rechnungen nur auf Monatsbasis erstellt. Dabei werden dann schnell mal solche Ausgaben vergessen, die nicht monatlich anfallen. Aber gerade regelmäßige Ausgaben wie die unter 1.a) genannten oder auch die GEZ-Gebühren oder das jährliche Firmenticket fallen eben nicht monatlich an, müssen aber – ob ihrer Höhe – doch unbedingt Eingang in eine realistische Einnahmen-Ausgaben-Rechnung auf Monatsbasis finden.

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c) keine Reserven für Unvorhergesehenes bzw. Unvorhersehbares

Und dann wird leider auch oftmals nur mit Ausgaben kalkuliert, die garantiert kommen werden. Das Leben ist, wie wir alle wissen sollten, aber nun einmal nicht so vorhersehbar. In der Realität wird jedes Jahr, wahrscheinlich sogar jedes Quartal und vielleicht sogar jeden Monat eine unvorhergesehene Ausgabe kommen. Lassen Sie eine Waschmaschine, einen Herd oder ein beruflich unverzichtbares Kfz kaputt gehen:
Um eine Geldausgabe werden Sie in diesen Fällen nicht herum kommen. Und wenn Sie für diesen Fall keine Reserven auf Ihrem Tagesgeldkonto oder Festgeldkonto gebildet haben, werden Sie in dem betreffenden Monat wieder mehr Geld ausgeben als Sie einnehmen.

Daher muss eine sinnvolle und realistische Einnahmen-Ausgaben-Rechnung immer auch Kosten der Geschäftsführung bzw. Kontoführung, anteilige nicht-monatliche Ausgaben sowie Raten für Reservebildungen enthalten.

2. den Überblick behalten

Wenn Ihr Konto sich bereits im Dispositionskredit befindet, ist es zusätzlich schwer, den Überblick zu behalten.

Solange Ihr Konto im Plus ist und Sie eine solide Reserve auf der Seite haben, ist es leicht, die Kontrolle über Ihr Ausgabeverhalten zu behalten:
Sie sehen zu jedem Zeitpunkt auf Ihrem Kontoauszug, wie viel Geld Sie noch zur Verfügung haben, bevor Sie bei Null sind bzw. das nächste Gehalt kommt.

Wenn Sie aber bereits im Minus sind, gestaltet sich das deutlich schwieriger:
Theoretisch müssen Sie jedes Mal, wenn Sie auf Ihr Konto schauen, vergleichen, ob Sie im Vormonat bereits tiefer in den roten Zahlen waren. Nur so könnten Sie dauerhaft einen positiven Überschuss generieren.

Fazit

Damit Sie mehr Kontrolle über Ihre monatlichen Finanzen haben und so auch wieder den Dispo verlassen können, benötigen Sie eine handwerklich sauber erstellte Einnahmen-Ausgaben-Rechnung.
Sie darf keinesfalls nur ungefähr im Kopf existieren und muss auch kleine Details beinhalten. Lassen Sie sich gegebenenfalls von jemandem unterstützen, der finanzwirtschaftliche Erfahrungen hat.

Und schulden Sie einen Dispositionskredit so schnell wie möglich um!
Der Dispositionskredit ist für kurzfristige Liquiditätsengpässe gedacht.
Er sollte keinesfalls zur mittel- oder langfristigen Finanzierung genutzt werden. Hiergegen spricht nicht nur den Faktor „Überblick“, sondern auch die Faktoren Verzinsung und Rating. Wenn Sie daher Ihren Dispositionskredit länger als nur zwischen zwei Gehältern in Anspruch nehmen, schulden Sie ihn um!

Ihr Konto, Ihr Geldbeutel und Ihr Rating werden es Ihnen danken!

Hi, ich bin Oliver, der Gründer von Jodano - Wissen & Meinung zu Finanzen. Bevor ich mich als Blogger selbstständig gemacht habe, habe ich fast 20 Jahre in der Bankenbranche mein Unwesen getrieben. Die Erfahrungen, die ich dort in Anlageberatung, Private Banking und Corporate Finance gesammelt habe, lasse ich heute in meinen Blog einfließen.